Götterswickerhamm,
gelegen an einem großen Rheinbogen bei Rheinkilometer 800 am rechten Ufer des Niederrheins, fand erstmals im Jahre 1003 unter dem Namen Goterswick seine urkundliche belegte Erwähnung, als der Kölner Erzbischof Heribert die hiesigen Güter des kölnischen Ministerialen Wezelin erwarb.
Der Name Goterswick geht der Sage nach zurück auf einen Ritter freiadligen Geschlechts namens Godert, der sich hier in vergangener Zeit, nahe einer kleinen Ansiedlung [Wick], inmitten sumpfiger Wiesen und Wälder, in einem befestigtem Haus niedergelassen haben soll, dem späteren Herrschaftshaus der Herren von Götterswick.
Für das 11./12. Jahrhundert ist dann auch der Bau einer Kirche belegt, begründet als Eigenkirche der Herren von Götterswick, geweiht dem römischen Märtyrer Nikomedes, der in jener Zeit heilig gesprochen worden war. Eine erste urkundliche Erwähnung der Kirchengemeinde stammt aus dem Jahre 1193.
Die Gerichtslinde
Aus der Tradition der Hundertschaftsgerichte der Frankenzeit ging in Goterswick auch ein Schöffengericht hervor, dessen Gerichtsbarkeit durch eine Urkunde aus dem Jahre 1327 belegt ist. Der Gerichtsplatz befand sich an alter „Thingstätte“ auf einem kleinen Hügel unterhalb der „Gerichtslinde“, gelegen an der Straße, die heute „Unterer Hilding“ genannt. Diese Straße war früher Teil eines Handelsweges, der von Goterswick über Voerde, Hünxe nach Dorsten verlief. Die transportierten Güter wurden hier mittels Fähren an das linksrheinische Ufer (oder vice versa) befördert .
Das Kirchspiel von Götterswick (Goterswick)
Die Edelherren von Götterswick waren im 14. Jahrhundert dem Grafen von Kleve unterstellt. In jener Zeit umfasste das Kirchspiel Götterswick die Orte Rhinum (einst südwestlich von Götterswickerhamm gelegen), Mehrum, Löhnen, Stockum, Reshoven (einst Mehrum vorgelagert), Holthausen, Voerde, Möllen, Eppinghoven und Götterswick, mit der Kirche als Mittelpunkt.
Für das 15. Jahrhundert ist eine Fehde zwischen dem Grafen von Kleve und dem Erzbischof von Köln aus dem Jahre 1427 beurkundet. Die Soldaten und Reiter der Kölnischen verursachten weitreichende Schäden in Lande Dinslaken und insbesondere auch hier im Kirchspiel Götterswick. So wurden in diesem Jahr die Kirche und das Dorf niedergebrannt. Die Gemeinde verfügte aber um die nötigen Mittel, die Kirche um so schöner wieder aufzubauen und später wurden auch Entschädigungen an die so zu Schaden gekommenen Bewohner gezahlt.
Aus Götterswick wird Götterswickerhamm
Als sich dann im 15. Jahrhundert durch Veränderungen im Flusslauf (des Rheines) auch Veränderungen des umliegenden Geländes ergaben, wurde aus Götterswick im Sprachwandel der Zeiten dann schließlich Götterswickerhamm. Das angehängte “hamm“ versinnbildlicht dabei die durch Rheinüberschwemmungen verursachten Veränderungen im Areal und steht für ein inselartiges Terrain an der Außenseite eines größeren Bogens eines Flusses. So war schon seit dem 15. Jahrhundert das Gelände hier vom Rheinstrom und einem zugehörigem Rheinarm umschlossen [der aber über die Jahre immer weiter verlandete (Mommbachbogen)]. Dort befand sich (noch in Sichtweite von Haus Ahr) in jener Zeit eine Flussmühle. Das Land zwischen Hauptstrom und dem entstandenem Rheinarm bezeichnete man damals allgemein als "Hamm" und so wurde es hier "das Götterswicker Hamm" genannt, während das Kirchdorf noch eine ganze Weile weiterhin Götterswick hieß. Erst später wurde dann auch das Kirchdorf selbst Götterswickerhamm genannt, einsehbar in Akteneinträgen des hiesigen Gerichtes.
Rhinum verschwindet im Rhein und "de Spey" wechselt die Rheinseite
Der neue Rheinarm (Mommbachbogen), ausgehend unweit von Haus Ahr, resultierte dabei aus anderen vorhergegangenen Änderungen im Flussverlauf im Gebiet zwischen Rheinberg, Möllen, Götterswickerhamm und Mehrum. Das sich dort überhaupt ein neuer Abzweig hatte bilden können, war eine Folge davon, dass sich der Rhein im Gesamten dem Kirchdorf [als es noch Goterswick hieß] angenähert hatte. Dabei waren schon vorher große Teile der vorgelagerten Rheinwiesen und Äcker, die zu Möllen gehörten, allmählich verloren gegangen ("Uferabbruch").
In einem Beitrag von Walter Neuse im Heimatkalender von 1952 - Die Deichschau Götterswickerhamm - heißt es dazu: „ … muß man sich vergegenwärtigen, daß der Rhein ehemals an Rheinberg vorbel floß und das gesamte Gebiet zwischen đieser Stadt und dem heutigen Rheinlauf zum Amt Götterswickerhamm gehörte.“
Deutlich wird das durch das einst südlich von Götterswickerhamm gelegenen Gut "de Spey". Dies befand sich im Besitz des Klosters Oberndorf in Wesel und der Abtei Hamborn und unterlag damals folgerichtig rechtsrheinischer Verwaltung. Als sich also im 15. Jahrhunderts der Strömungsverlauf des Rheines über die Zeit mehr und mehr änderte, wurde "de Spey" zwar von den Rheinwassern nicht überspült, ward im Anschluß aber linksrheinisch gelegen. Erst hinter unserem Dorf wandte sich der Strom wieder Richtung Rheinberg und fand dort seinen alten Lauf, entlang der Stadt, wieder.
Den ersten Deichverband (Deichschau) im Kirchspiel (Pfarrbezirk) Goterswick gab es schon im 14. Jahrhundert. Deiche waren also schon vorher notwendig gewesen. So sah es damals wohl so aus, dass es auch auf Höhe von Möllen/Goterswick, ähnlich wie beim Mehrumer Grind, ein weites Deichvorland existierte, auf dem einst auch „de Spey “ verortet war.
In jener Zeit hatte der Rhein also noch viel Platz sich bei Hochwasser „auszudehnen“, bis sich irgendwann über Veränderungen im Terrain, „Vater Rhein“ in unserer Gegend ein neues „Bett“ gesucht hatte. War „de Spey" noch im Glück gewesen und von den Fluten verschont geblieben, mag das in jener Zeit süd - westlich von Goterswick gelegene Rhinum vom Rheinstrom „hineweggespült“ worden sein.
Dazu heißt es wieder in einem Beitrag von Walter Neuse im Heimatkalender von 1952 - Die Deichschau Götterswickerhamm:
„ … der Deich verläuft also einige hundert Meter westwärts des jetzigen Deiches. Daraus ergibt sich auch, daß die Ortschaft Rhinheim (Rhinum) zu dieser Zeit dem Abbruch durch den Rhein verfallen ist. Zwar besteht dieser Deich noch 1557, aber der Strom hat das Vorgelände schon zum größten Teil verschlungen.“
So fanden hier in jener Zeit [Mitte des 16. Jahrhunderts] wohl einige Veränderungen im Strömungsverlauf des Rheines statt, „de Spey“ hatte dabei die „Rheinseite gewechselt“ und Rhinum „war auf Dauer nicht mehr zu halten gewesen“.
Reformation und Spanisch - Niederländische Krieg
Das 16. Jahrhundert war auch das Jahrhundert der Reformation. Nachdem Martin Luther im Jahre 1517 seine 95 Thesen zum Ablasshandel an die Tür der Schloßkirche zu Wittenberg geschlagen hatte, führte das (u.a.) zu weitreichenden Veränderungen innerhalb der christlichen Welt und in der Folge leider auch zu kriegerischen Auseinandersetzungen [Spanisch - Niederländischer Krieg] in dessen Verlauf auch wieder die hiesige Region am Niederrhein in Mitleidenschaft gezogen wurde.
So wurde 1584 unsere Kirche von spanischen Truppen ein weiteres Mal zerstört. Nachdem man die Kirche wieder aufgebaut hatte durchzogen niederländische Soldaten die Gegend und richteten ähnliches Unheil an. Dieses Mal fehlten für einen Wiederaufbau aber die nötigen Mittel und so musste der Gottesdienst über einen Zeitraum von etwa 40 Jahren im Freien durchgeführt werden. Um nicht wieder ins Visier der kalvinistisch reformierten Niederländer zu kommen, änderten das Gericht von Götterswick sein Siegel; man brach das Brustbild des Heiligen Nikomedes heraus und ersetzte es durch die klevische Lilienhaspel. 1598 waren es dann wiederum die Spanier, die auf ihrem Feldzug durch hiesige Gefilde Haus Götterswick bis auf die Grundmauern zerstört zurückließen.
Götterswickerhamm wird (noch nicht) evangelisch
Schon seit etwa 1540 waren umliegende Gemeinden wie z.B. in Wesel und Duisburg nahezu ganz evangelisch geworden. In Götterswickerhamm war jedoch ein gewisser katholischer Pastor Dietrich von Baerl in Diensten (1550 -1576), der zu seinem Amtsabtritt sehr darum bemüht war, daß der Herzog von Kleve alsbald einen rechtgläubigen ( also nicht evangelischen) Pastor nach Götterswickerhamm beriefe. So wurden noch bis 1590 verschiedene katholische Priester in die Gemeinde entsandt, die sich aber allesamt nur kurze Zeit in der Gemeinde halten konnten.
Aus Götterswickerhamm wird Görsicker
Mit den von 1577 bis 1590 entsandten katholischen Pfarrern war diese Stelle für mehr als ein Jahrzehnt mit Geistlichen besetzt die vor allem zwei Sachen gemeinsam hatten. Sie waren allesamt nur „kurz da“ und hatten anscheinend selbst keinen persönlichen Bezug zum Kirchdorf.
Da mag es wohlmöglich kein Zufall sein, dass im Beitrag von Wolfgang Dittgen im Dinslakener Heimatkalender von 1963 zu lesen ist:
„1577 findet sich zum ersten Male die Bezeichnung Dorf „Gorssken“ oder „Görsiker“.
Somit war Görsiker nun neben den anderen Bauernschaften Löhnen, Mehrum, Holthausen, Möllen, Stockum und Voerde als eine weitere Ortschaft im Kirchspiel Götterswickerhamm gelistet.
So hat es den Anschein, dass die ab 1577 in Götterswickerhamm implementierten „Pfaffen“ damals auf die Idee kamen, zur besseren Unterscheidung vom „Kirchspiel Götterswickerhamm“ das Kirchdorf selbst fortan „Görsicker“ zu nennen. So findet man dann diesen Namen auch in den alten Kirchenbüchern.
So wird der evangelische Pastor von Götterswickerhamm (1933) Walter Petri zu diesem Thema im Heimatkalender von 1963 zitiert:
„Schon 1694, in dem Jahre wo die hiesigen Kirchenbücher beginnen, hatte sich der neue Name [Görsicker] so weit eingebürgert, dass er vor allem bei behördlichen Angelegenheiten Verwendung fand, während der Name Götterswickerhamm ausschließlich für die Kirchengemeinde (Kirchspiel) benutzt wurde.“
Dem Volksmund entsprach die Bezeichnung „Görsicker“ allerdings nicht und so gab es es in späterer Zeit auch wiederholt
Bemühungen den alten Dorfnamen „Götterswickerhamm“ zurück zu erlangen.
Götterswickerhamm wird doch evangelisch
Die Herzöge von Kleve waren recht tolerant gegenüber den verschiedenen Glaubensrichtungen und überließen es im Allgemeinen den ortsansässigen Adeligen die Religion ihres Herrschafftsbereiches selbst zu bestimmen, so daß die Entscheidung darüber praktisch bei den Gemeinden blieb.
Hier in der Gemeinde waren die ansässigen Adligen fast alle bereits schon evangelisch, z.B. im Mehrum die Familie Lützenradt, die von Mum in Löhnen, die Edelherren von Götterswick, der Herr von der Heyden [genannt Rinsch] vom Hause Ahr sowie der Richter des Gerichts Götterswickerhamm, Johann von Wylich und außerdem der Edelherr Jürgen von Syberg, ansässig auf Haus Voerde.
So kam es, daß die Herren von Syberg und von der Heyden in ihrer Funktion als Kirchmeister im Jahre 1590, in Ausübung ihres Kollationsrechts (Besetzungsrecht) neben dem katholischen Pfarrer dem lutherischen Vikar und Schullehrer Georg Kruse aus Essen die Vikarie St. Johannes Evangelist zuwiesen. 1594 beriefen sie dann den lutherischen Geistlichen Konrad Glintzing als Pfarrer von Götterswickerhamm. Letzterer kam aus Süddeutschland, war dort wohl schon wegen seines "abweichenden" Glaubens vertrieben worden und fand hier im Kirchspiel Götterswickerhamm seine neue Heimat. Pfarrer Glintzing hatte hier aber trotzdem einen schweren Stand, nicht alle waren über sein Tun hier „erfreut“ und er musste so manches mal um Leib und Leben fürchten. Trotz aller Widrigkeiten blieb er aber bis zum Jahr 1624, dem Jahr in dem er verstarb, (evangelischer) Pfarrer im Kirchspiel Götterswickerhamm und sorgte dafür, dass sich der lutherische Glaube hier im Kirchspiel verfestigte und das in einer Zeit, in der Spanien und die niederländischen Provinzen sich auch hier, auf klevischen Hoheitsgebiet, bekämpften (insbesondere zwischen 1584 und 1604) und in unserer Region, wie erwähnt, erhebliche Schäden verursachten, wobei ihm die zerstörte Kirche während seiner Amtszeit nicht zur Verfügung stand.
Vertreibung des katholischen Priesters
Um seine Nachfolge wurde nach Pfarrer Glintzings Tod heftig gestritten. Es gab von anderer Seite weiterhin Bemühungen die Kirchengemeinde wieder katholisch zu führen. So wollte auch der katholische Priester Jodukus Rost die nun vakante Stelle besetzen. Allerdings war der „Pfaff Jobst Rost“ in der Gemeinde, wohl auch wegen seines unsteten und teils unchristlichen Lebenswandels, nicht sonderlich beliebt und man bemühte sich deshalb heftigst die (evangelische) Pfarrstelle in Götterswickerhamm zu behalten. Mit Lug und Trug und falschen Aussagen gelang es ihm aber trotzdem die gewünschte Aufgabe von der Düsseldorfer Kanzlei zugesprochen zu bekommen.
Mit den so neu geschaffenen Fakten fanden sich die Gemeindemitglieder aber nicht so einfach ab und machten nun diesem katholischen Priester sein Leben schwer, was soweit führte, dass man niederländische Soldaten anheuerte, die ihn dann eines Abends aus der Kirche zerrten, ihn nackt auf ein Pferd setzten und in den Wald führten um ihn dort zu verhauen. Alles belegt durch einen Brief des Jodukus Rost an seinen Vorgesetzten, in dem er diesem sein ihm widerfahrenes Leid schildert und bejammert. Dieser Vorfall führte dazu, dass am 1. April 1625 der (evangelische) Pastor Melchior Kruse als offizieller Nachfolger von Pastor Glintzing bestimmt wurde. Nach und nach trat die Gemeinde nun gänzlich zum lutherischen Glauben über. Damit waren Streitgkeiten mit der katholischen Kirche zwar noch nicht endgültig beendet, von nun an hielt die evangelische Gemeinschaft aber stets am Luthertum fest.
Es war also ein neuer Rheinarm entstanden. Wie dann die Preußen an den Niederrhein kamen und dabei etwas nachhalfen, dem Rhein noch einmal einen neuen Verlauf zu geben, ließt man, wenn man auf den Button rechts klickt !
Der obige Text basiert im Wesentlichen auf verschiedene Beiträge aus dem Heimatkalendern Dinslakens von den Heimatforschern Walter Neuse, Wolfgang Petri und Willi Dittgen sowie auf Informationen aus der freien Enzyklopädie Wikipedia.