Haus Götterswick [1000 - 1600]

Dernachfolgende Text basiert im Wesentlichen auf dem 1. Kapitel des Buches "Die Geschichte der Gemeinde Götterswickerhamm" von Walter Neuse, allerdings zwecks leichterer Lesbarkeit in angepaßter und gekürzter und bebilderter Form.


Haus Götterswick, der Sage nach erbaut von einen Ritter freiadligen Geschlechts namens Godert, der sich hier in vergangener Zeit, nahe einer kleinen Ansiedlung [Wick], inmitten sumpfiger Wiesen und Wälder, in einem befestigtem, durch Graben und Wall gegen feindliche Überfälle gesicherten Haus niederließ. Daraus soll dann später das Herrschaftshaus, eine von Graben und Wasser umgebenes Burg - Haus, als Stammsitz der Herren von Götterswick entstanden sein. Gleichzeitig errichtete man in jener Zeit dort auch eine kleine Kirche [als Eigenkirche], gewidmet dem Heiligen Nikomedes und auch der Name der kleinen Ansiedlung sollte sich schon bald von Ritter Godert und den „von Götterswicks“  ableiten. [in jener Zeit noch mit „Goterswick“ bezeichnet.] Sie waren [älteste Erwähnung der Götterswicks 1192] ein über den Niederrhein hinaus einflussreiches Geschlecht. So unterstützte schon im Jahre 1201 Everwin I. von Götterswick [auf dem Reichstag zu Braunschweig] den Welfenkönig Otto IV. auf seinem Weg zum Kaiser [ ♕ 1209 bis 1218] des römisch-deutschen Reiches [gegenüber dem Gegenkönig der Staufer].

 

Die Edelherren von Götterswick

Die Herren von Götterswick besaßen die „Herrschafft Götterswick“ und übten somit dort auch die Gerichtshoheit aus. Man beachte wie die für die Götterswicks bezeichnenden Vornamen Arnold und Everwin über fast zwei Jahrhunderte hindurch zwischen Vater und Sohn wechseln. So folgte auf Everwin I. 1164, 1226) sein Sohn Arnold I. 1202, 1252) und dementsprechend danach Everwin II. 1227,  † 1278) gefolgt von Arnold II. * 1251,  † 1287). 

 

Ewerwin III. [also Arnolds II. Sohn] schenkte gemeinsam mit seinem Oheim [veraltet: Onkel mütterlicherseits] Heinrich v. Götterswick im Jahre 1295 der Abtei Hamborn einen Erbzins [regelmäßige Zahlung], um ihren in der Abteikirche zu Hamborn begrabenen Verwandten Anteil an den frommen Werken des Klosters zu sichern.

 

Aus dem Klever Wappen um 1400
Aus dem Klever Wappen um 1400

Haus Götterswick als Klevisches Lehnsgut

 

Auf Everwin III. ( 1284, † 1355) [die Ausnahme bestätigt die Regel] folgte Everwin IV. v. Götterswick ( * 1315, † 1378) der, als  Mitte des 14. Jahrhunderts die Grafen von Kleve das „Land Dinslaken“ an sich brachten, sich nach anfänglichem Widerstand schließlich doch mit ihnen arrangierte.

 

Haus Götterswick ward nun also klevisches Lehngut (um 1350) und die  Götterswicks traten fortan als vertraute Räte der klevischen Grafen auf und stellten sich in deren Dienst. Sie hatten mehrere Male das Drostenamt Dinslaken inne und waren die Laienpatrone der Kirchen von Hiesfeld und Dinslaken.


 Die Götterswicks ziehen nach Bentheim

 Außerdem heirate in jener Zeit Ewerwin IV. v. Götterswick die Tochter [mit Namen Hedwig] des Grafen Johann II. v. Bentheim, der auch noch 2 Söhne hatte [Simon und Bernhard]. Während die Ehen von Simon und Bernhard kinderlos blieben, ging aus der Ehe Hedwigs mit Ewerwin IV. v. Götterswick ein Sohn hervor: Arnold III. v. Götterswick ( 1350, † 1402) [dessen Sohn wiederum als  Ewerwin V. In der Chronologie folgen sollte]

 

Arnold III. v. Götterswick [der Sohn des 1378 verstorbenen Ewerwin IV.] verstarb in Bentheim [die Familie Götterswick war dorthin übergesidelt] am 9. Mai 1403. Er wurde in der Begräbnisstätte der Grafen von Bentheim im hohen Chor der Kosterkirche zu Frenswegen begraben. Sein Grabstein, aufgestellt im Kreuzgang des Klosters, zeigt in der Mitte das Wappen der v. Götterswick und ist umschrieben: „Anno domini MCCCC II in profesto Gordiani et Epimachi min obiit nobilis domicellus arnoldus de guterswich"

 

Arnolds III. Sohn Everwin V. v. Götterswick, ( 1397, † 1454) nun aber bezeichnet als Everwin I. Graf v. Bentheim sollte nun auch die beiden Grafschaften Bentheim und Steinfurt vereinigen, er schloß nämlich Ehe mit dem einzigen Kind von Ludolf VIII. von Steinfurt: „Mechthild“, Da die zweite Ehe Ludolf VIII. mit Kunigunde von Bronckhorst kinderlos blieb, war es so, daß Mechthild die Herrschaft Steinfurt erben sollte.

Burg Bentheim (Innenhof)
Burg Bentheim (Innenhof)

Weil Mechthild jedoch schon 1420 verstarb, ging die Herrschaft Steinfurt nach dem Vertrag von 1404 auf die Tochter Eberwins V. und Mechthilds über, namens „Luitgard“. Sie heiratete später Wilhelm van der Lecke, per Vertrag von 1429 war aber alles so geregelt, daß im Falle des Todes von Everwin I. dessen männlicher Erbe aus 2. Ehe [Bernhard] die Herrschaft Steinfurt erhalten sollte.

 

 

 So gingen die Götterswicks über die Zeit in den Familien zu Bentheim und Steinfurt auf und so findet sich auch das alte Götterswicker Archiv auch heute noch in  deren Besitz. Haus Götterswick selbst ward also  Klevisches Lehngut geworden und die Herren von Götterswick waren in Folge der Eheschließung von Ewerwin IV. v. Götterswick mit der Tochter des Grafen Johann II. v. Bentheim, Hedwig v. Bentheim auch nach Bentheim umgezogen.


Die Ritter v. Loete 

So stand das Lehen frei und Johann v. Loete, der von der Abtei Werden auch Haus Voerde zu Lehen hatte. empfing im Jahre 1344 als erster aus der Familie v. Loete das Lehen für Haus Götterswick

Darstellung um 1300
Darstellung um 1300

Die Ritter v. Loete begleiteten ihren Landesherrn auf seinen Kriegszügen um Gebietsansprüche des Herzogs Adolf I. von Kleve vs. dem Erzbischof Friedrich III. von Köln oder später im märkischen Brüderstreit zwischen den Söhnen des Grafen Adolf I. v. Kleve , dem Herzog Adolf II. v. Kleve vs. seinen Bruder Gerhard von der Mark [verbündet mit Dietrich III. von Moers, dem Nachfolger Friedrichs des III. als Erzbischof von Köln] Diesem Streit fiel im Jahre 1427 auch die Kirche in Götterswickerhamm zum Opfer, als „cölnische Truppen“ die hiesigen Lande verwüsteten und das Gotteshaus niederbrannten. Im Jahre 1372 läßt Johann v. Loete das Lehen für Haus Götterswick auf den Sohn seines Bruders Jordan v. Löte  übertragen. Dessen Schwester, Aleide v. Loete, war die erste Frau des Johan v. d. Are auf Haus Ahr bei Möllen. 


Das Rittergeschlecht Proydt

In nächster Generation heiratete Jordan v. Loete als neuer Lehnsherr von Haus Götterswick nun Styne Proyt, aus dem Rittergeschlecht Proyt. Und aus diesem Geschlecht sollte dann der der nächste Lehnsträger des Hauses Götterswick kommen, mit dem Stammsitz „Haus ter Hart“ bei Budberg, namens Heinrich Proydt, dem Bruder von Styne Proydt, auf den Styne das Lehen nach Jordans Tod erst einmal übertragen ließ [in Vertretung ihres noch minderjährigen Sohnes Hermann]. Im Jahre 1414 ging das Lehen wieder zurück an die Familie v. Loete an den nun also volljährigen Sohn von Styne Proydt und Jordan v. Loete]

 


Siegel des Hermann v. Loete (1423)
Siegel des Hermann v. Loete (1423)

Hermann v. Loete - ∞ Grietgen von Kleve

Im Jahre 1414, am Sonntag, den 15. April übertrug Graf Adolf von Kleve das Haus Götterswick mit all seinen Zubehörungen an Hermann v. Loete so wie es dessen Vater, Ritter Jordan v. Loete  zu Lehen hielt und Heinrich Proyt es danach  empfangen hatte.

 

Hermann v. Loete verheiratete sich mit mit Grietgen von Kleve. Sie hatten zusammen einen Sohn, der mit Vornamen auch Hermann hieß und der später ebenfalls das Lehen zu Haus Götterswick inne haben sollte und in seiner Zeit schon bald Elisabeth v. Bellinghoven zur Ehefrau nahm.

 

 


1458 hat Hermann v. Loete  (jr.) vom Kloster zu Bedburg ein Stück Land, das zum Hof Stockum gehörte, eingetauscht. Auf dem eingetauschten Grund und Boden gründete er 1467 ein Frauenkloster, Marienacker genannt. Er bat den Herzog von Kleve, das Kloster zu bestätigen und von aller Schatzung zu befreien, worauf am 14. VII. 1467 folgende Urkunde ausgestellt wurde:

 

„Wir, Johann, Herzog v. Kleve u. Graf v. d. der Mark geben bekannt: 

Nach Mitteilung des Herman v. Loete (jr.) haben einige gute, verständige Mägde, die aus andern geistlichen Vergaderingen gekommen sind, Haus und Platz zu Stockum im Kirchspiel Götterswick angenommen, unserm Herrgott ihr Leben lang zu dienen. Der Konvent soll St. Marienacker heißen.

 

Nur einige Jahre konnte Herman v. Loete (jr.) dem Kloster seine Fürsorge angedeihen lassen. Er verstarb im Jahre 1471. Um ihn trauerten seine Witwe Elisabeth v. Bellinghoven, seine Söhne Jordan, Gerrit und Johann und seine Schwester Margarete.


Der Deutsche Orden in Livland
Der Deutsche Orden in Livland

Die 3 Söhne des Hermann v. Loete (jr.)

Gemeinsam mit seiner Frau Elisabeth v. Bellinghoven hatte Hermann v. Loete (jr.) 3 Söhne: Jordan, Gerrit und Johann. Das Lehen nach Herrmann v. Loetes Tod ging zunächst an dessen ältesten Sohn Jordan und nachdem dieser verstorben war an seinen Bruder Gerrit, der aber bald darauf (1499) ebenfalls verstarb.

Der dritte Bruder, Johann v. Loete, war jedoch schon 1481 „aus christlicher Zuneigung" in den Deutschen Orden eingetreten und nach Livland [Baltikum] gezogen. Seine beiden Brüder waren ledig und ohne Leibeserben geblieben und so bestand die Gefahr, daß das Geschlecht v. Loete ausstarb.

 Allerdings war es „unangezweifelter Brauch und altes Herkommen“, daß ein Ordensmitglied zur Erhaltung des Stammes und des Namens auch wieder aus dem Orden austreten  und seines Gelübdes entbunden werden konnte, wieder heiraten durfte und das Erbe seiner Eltern und Geschwister wieder an sich nahm. Davon machte Johann v. Loete im Jahre 1499 dann auch Gebrauch, trat aus dem Orden aus und heiratet Dorothea v. Berntfeld, die ihm 8 Kinder schenken sollte.

 

So konnte Johann v. Loete (jr.) im Jahre 1501 doch noch das Lehen für Haus Götterswick entgegen nehmen. Doch die Hoffnung auf den Fortbestand seines Stammes und Namens ging nicht in Erfüllung. Seine Frau und alle 8 Kinder starben dahin. 1538 heiratete er in 2. Ehe Elisabeth v. Meverden. Von ihr wurde ihm ein Sohn geboren, der aber seinen Vater nicht überlebte.

 

Am 11. Oktober 1542 fertigte Johann v. Loete (jr.) sein Testament aus. Darin vermachte er seiner Nichte Eva v. Honselaer, der Tochter seiner Schwester Maren den halben Hof „op ter Hart“ bei Budberg. Universalerbin wurde seine Ehefrau Elisabeth v. Meverden. Nach dem Tode des Johann v. Loete   heiratete diese in zweiter Ehe Heinrich von Diepenbruck. 


Haus Empel bei Rees
Haus Empel bei Rees

Heinrich v. Diepenbruck

Er war der Herr von Haus Empel bei Rees. Da Johann v. Loete (jr.) letztlich ohne Stammhalter geblieben war, brachte Elisabeth von Meverden das Lehen mit in die neue Ehe ein. Lehnshalter wurde aber zunächst, in Vertretung seiner Schwester Elisabeth, ihr Bruder Floriß von Meverden, denn die Lehngüter waren sogenannte Manngüter, deren Inhaber auf Befehl des Lehnsherren in voller Rüstung zur Musterung zu erscheinen hatten und zur Heerfolge verpflichtet waren. Da eine Frau diesen Lehnsverpflichtungen nicht nachkommen konnte, mußte sie einen Stellvertreter haben. Als Floriß von Meverden verstarb, bat Elisabeth v. Meverden nun die Lehnskammer von Kleve ihren Ehemann Heinrich v. Diepenbruck als neuen Lehnsträger des Lehens anzuerkennen.

 

 

Am 30. Januar 1561 wurde dann Heinrich v. Diepenbruck mit Haus Götterswick belehnt. Es dauerte etwa 10 Jahre, da erhob Eva v. Honselaer [als Nichte des verstorbenen Johann v. Loete] Anspruch auf das Lehen. Um sich in dieser Angelegeheit durchzusetzen, wandte sie sich zunächst an das Gericht Wesel, dann an das Gericht zu Dortmund und schließlich auch noch an das Kaiserliche Kammergericht in Speyer. Letztlich wurde ihr Anliegen aber abgewiesen. Am 19. Dezember 1577 verstarb Heinrich v. Diepenbruck. In seinem Testament stiftete er den Armen der Kirchengemeinde Götterswickerhamm eine ansehnliche Geldsumme.


Eberhard v. Diepenbruck

 

Haus Götterswick sollte dem zweiten Sohn [Eberhard v. Diepenbruck] der Eheleute v. Diepenbruck zufallen, der allerdings einen Lehnstermin nach dem anderen versäumte, so daß die Klevische Lehnskammer ihm das Lehen entzog. Eberhard berief sich darauf, daß er auf Grund „der landesverderblichen beharrlich Kriegsempörung in diesem Lande" sich mit seiner Haushaltung nach Ostfriesland hätte begeben müssen und wegen des gefährlichen Reisens und anderer erheblicher Verhinderungen nicht eher zurückkehren konnte und sowieso von seinen Gütern auf Grumd der hiesigen Kriegswirren zwischen Spaniern und Niederländern keinen Erlös hätte. 

Der Spanische Winter

Im Jahr 1584 fielen z.B. spanische Truppen in das Kirchspiel Götterswickerhamm ein, plünderten die Kirche und die adligen Häuser. Insbesondere sei hier auch noch einmal an den „Spanischen Winter“ erinnert, an die leidhafte Zeit der Besetzung rheinisch-westfälischer Gebiete durch das spanische Heer unter Admiral Mendoza im Winter 1598/99. So heißt es: „1598, um Michaelis, ist das gewaltige Kriegsvolk des Königs von Spanien über den Rhein gekommen und hat unzähligen Schaden getan. Die adeligen Häuser wurden wieder geplündert, einige zerstört und niedergebrannt.“  Unter ihnen befand sich auch Haus Götterswick.

 

 

 So war es kein Wunder, daß Eberhard v. Diepenbruck aus seinen Lehn - und Privatgütern zu Götterswick keine Einnahmen hatte und daher die von ihm geforderten Lehngebühren nicht bezahlen konnte. All diesen widrigen Umständen zu Trotz befahl die Lehnkammer zu Kleve im Juni 1602 dem Richter des Gerichts Götterswickerhamm, die Güter und Einkünfte des Eberhard v. Diepenbruck aus den Lehen Haus Götterswick - nach vorangegangenem öffentlichen Kirchenschall durch den Gerichtsboten - zu beschlagnahmen.

 

Waffenstillstand 1609

Im Jahre 1609 kam es dann zum Waffenstillstand zwischen Spaniern und Holländern, - die Kämpfe um die Stadt Rheinberg fanden ein Ende und die Plünderungen in der Umgebung ließen nach, was zur Folge hatte, daß die Pachteinnahmen aus den Lehen sich wieder steigerten. Nachdem durch die nun wieder eingehenden Pachtgelder die Lehnschulden getilgt waren, wurde die Beschlagnahme aufgehoben und von Martini 1613 an konnte Eberhard von Diepenbruck wieder darüber verfügen.

 

Im Jahre 1609 hatte Eberhard v. Diepenbruck in 2. Ehe Anna v. Reimen, verwitwete Drost, geheiratet und trug sich mit dem Gedanken, das 1598 zerstörte Haus Götterswick wieder aufzubauen und darauf zu wohnen. Doch bevor es dazu kam verstarb Eberhard v. Diepenbruck am 23. Oktober 1616 und wird auf Haus Middelstewehr in Osttriesland beigesetzt. Er hinterließ 3 Söhne: Heinrich, Arndt Tito und Johann Franz und 2 Töchter: Hyma und Kornelia.